|
|
Tasmanien - Ausverkauf eines Naturparadieses
von Stefanie Hilscher, September 2004
Von
den ursprünglichen Urwäldern Tasmaniens
existiert heute nur noch rund ein Viertel. Ein Drittel
davon ist von der Rodung bedroht.
Einige
der Bäume des 70 km westlich der tasmanischen
Hauptstadt Hobart gelegenen Styx Valley messen mehr
als 95 Meter und sind über 400 Jahre alt.
Es handelt sich um die Art Eucalyptus regnans, die
an Höhe nur von der in Nordkalifornien anzutreffenden
Küstensequoie, auch Redwood genannt, übertroffen
wird.
Der
tasmanische Regenwald beheimatet unter anderem den
Keilschwanzadler, den Gelbschwänzigen Rabenkakadu,
das Zwergpossum, den Fleckschwanz-Beutelmarder und
verschiedene Rosellasittich-Arten. |

by
kmg,
Quelle:
sxc
|
|
|
Rückblick...

|
Hobart.
"Tassie" nennen die Australier ihre mit 68.300 qkm
größte Insel - eine Idylle, die alpine Regionen,
schneeweiße Strände und ausladende Regenwälder
in sich vereint.
Doch kommerzielle Interessen gefährden die Existenz einer
ältesten Baumbestände unseres Planeten und seiner
Tierwelt. Auf den Druck von Naturschützern, Commonwealth-
und Grünen-Politikern reagierte das australische Regierungsoberhaupt
nun mit einer Erklärung.
September
2004 |
Am
4. September, fünf Wochen vor den Regionalwahlen, verkündete
John Howard, dass er den Schutz des Regenwaldes künftig
berücksichtigen würde, allerdings ohne die Arbeitsplätze
der Holz verarbeitenden Industrie aufs Spiel zu setzen.
Das Überleben der vom Holzfällen lebenden Kommunen
dürfe nicht für die Durchsetzung einer Umwelt
schützenden Maßnahme gefährdet werden. Trotz
der Einschränkungen begrüßten der "Australian
Greens"-Parteichef Bob Brown und Virginia Young von
der tasmanischen Umweltschutzorganisation "Wilderness
Society" die Erklärung des australischen Premiers
als einen Schritt in die richtige Richtung. |
August
2004 |
Ende
August unterzeichneten über 100 Mitglieder des britischen
Parlamentes eine an John Howard gerichtete Petition zum
Schutz des Regenwaldes. Liberal Democrat Norman Baker koordinierte
die Aktion, in der Mitglieder aller Parteien den australischen
Premier um den Schutz der Urwaldregionen Styx und Tarkine
bitten. |
März
2004 |
Bereits
im März dieses Jahres hatte Norman Baker im Vereinigten
Königreich zu einem touristischen Boykott der Insel
aufgerufen. Tasmanien, das jährlich 1,3 Mio. Besucher
anlockt, sei ein angesehenes Land der ersten Welt, das verantwortungslose
Abholzung praktizieren würde. Es sei Tasmaniens und
Australiens Aufgabe, den Entwicklungsländern mit gutem
Beispiel voranzugehen. |
|
Touristischer
Boykott

|
Der
Tourismus sei mit 15.000 Arbeitsplätzen wesentlich bedeutsamer
als die 1.500 Stellen der Holz verarbeitenden Industrie, so
TTF-Geschäftsführer Christopher Brown.
Der
Aktion der britischen Politiker ging ein Aufruf der "Australian
Conservation Foundation (ACF)" und dem "Tourism und
Transport Forum (TTF)" voraus. Zum TTF gehören Vorstandsvorsitzende
von 200 Organisationen, darunter die Fluglinen Qantas und Virgin
Blue, die Commonwealth und National Australia Banken sowie die
Hilton-Hotelkette.
Diese Initiative ist die erste gemeinsame Aktion von Naturschützern
und der australischen Tourismusindustrie. Der
Aufruf enthält die Forderung nach einer auf fünf Jahre
verteilten staatlichen Investition von 250 Millionen A$.
Durch
diese Finanzspritze könnten weitere 240.000 Hektar Urwald
geschützt sowie Sägemühlen neuester Technologie
angeschafft werden, die auch schmalere und kürzere Stämme
verarbeiten könnten. Durch eine Verbesserung der Infrastruktur
könnten außerdem 1.200 neue Jobs im Tourismus geschaffen
werden.
|
Greenpeace

|
Protestaktion
Im
letzten Dezember entschlossen sich Greenpeace und die Wilderness
Society zu einer Protestaktion. Die Mitarbeiter beider Organisationen
besetzten einen 84 Meter hohen Baum, der den Namen "Gandalf's
Staff" trägt. Unter den Aktivisten befand sich auch
der 22jährige Niedersachse Jannes Stoppel, der ehrenamtlich
für Greenpeace tätig ist. Mehrere Wochen brachte er
auf einer schlichten Holzplattform in 65 Meter Höhe zu.
Die Aktion wurde im April mit der Enthüllung einer Inschrift
in Englisch, Japanisch und Deutsch abgeschlossen.
|
WWF

|
Kritik
an der Rolle des WWF in Australien
Die Fördergelder, die die Wilderness Society jährlich
von der Regierung erhält, verringerten sich in den letzten
Jahren kontinuierlich. Seit 2001 erhalten die tasmanischen Naturschützer
nur noch A$ 13.500 jährlich. Im Gegensatz dazu erhöhte
sich die finanzielle Unterstützung des World Wildlife Funds
seit dem Beginn der Amtsperiode der Howard-Regierung im Jahr
1996 um 500 %.
Der australische Zweig des WWF erhielt allein im letzten Finanzjahr
A$ 3,7 Millionen aus dem Staatssäckel. Clive Hamilton und
Andrew Macintosh, Direktoren des regierungsunabhängigen
Australia Institute in Canberra, kommen in ihrer Untersuchung
"Taming the Panda" zum Schluss, dass man den WWF Australia
nicht als unabhängige Umweltorganisation bezeichnen kann.
In seinem "Blueprint for the Forestry and Vegetation Management"
empfiehlt der WWF den Schutz von 300.000 Hektar öffentlichem
und in Privatbesitz befindlichen Regenwald, darunter insbesondere
die der flächenmäßig größten Region
Tarkine im Nordwesten. Die Rodung in anderen Gebieten wird vom
WWF jedoch gebilligt. Greens-Senator Bob Brown ist der Meinung,
dass der Schutz des Tarkine nicht auf Kosten anderer Regionen
wie dem Styx Valley, der Tasman Peninsula und dem Blue Tier
geschehen darf. |
Holzindustrie

|
Größter
Nutznießer der Abholzung ist das Holzhandelsunternehmen
Gunns Ltd., das 85 % des örtlichen Handels kontrolliert.
Der Firmengewinn betrug im letzten Finanzjahr A$ 105 Millionen,
45 % mehr als im Vorjahr. Gunns Ltd. geriet 1989 in Verruf,
als Vorsitzender Eddie Rouse versuchte, einen Labour-Politiker
zu bestechen um eine rot-grüne Koaltion in Tasmanien zu
verhindern. Noch heute sind bei Gunns zwei Vorsitzende im Amt,
die an der Bestechungsaktion beteiligt waren.
Holzexporte
Im Jahr 2000 wurde 5,3 Millionen Tonnen tasmanisches Holz exportiert.
Seit 2001, als das Großunternehmen North and Boral von
Gunns übernommen wurde, werden die Exportzahlen geheim
gehalten. Dass man sich bei den Holzhandelsfirmen nicht gerne
in die Karten schauen lässt, bekam auch der tasmanische
Filmemacher Brian Dimmick zu spüren. Als er den Huon Highway
passierende Holzlaster filmen wollte, wurde er von einem der
Fahrer angegriffen und an der Wirbelsäule schwer verletzt.
Bruderschaft
der Kettensägen
84 % der gerodeten Stämme werden als Hartholzspäne
für die Papiererzeugung an japanische Hersteller wie Nippon
Paper, Oji Paper und Mitsubishi Paper Mills verkauft, nur 16
% werden als Nutzholz verarbeitet. Nach einer Umfrage im Januar
sind 85 % der australischen Bevölkerung gegen die Abholzung
der alten Wälder. Bisher leider ohne Resonanz: "Seit
zehn Jahren ist die 'Bruderschaft der Kettensägen' unzerschlagbar",
beklagt Senator Bob Brown.
Zerstörung
und Kahlschlag
Zwischen 300 und 600 Hektar werden allein im Styx Valley jedes
Jahr abgeholzt. 1996 betrug der alte Baumbestand nur noch 13
% der Gesamtfläche der Insel. Holzhandelsfirmen wie Gunns
wenden eine Rodungsmethode an, die in anderen Ländern längst
verboten ist: den so genannten Kahlschlag. Die Stämme werden
gefällt und abtransportiert, der Rest des Waldes von Bulldozern
planiert. Anschließend wird die gerodete Fläche aus
der Luft mit einer napalmähnlichen Substanz besprüht
und in Brand gesetzt.
|
Vergiftung
von Umwelt und Tieren

|
Die
anschließende Aufforstung wird vom Ausbringen von Natriumfluoracetat
begleitet, in Australien als '1080' bezeichnet. 1080 wird seit
den frühen 60er Jahren hauptsächlich zur Bekämpfung
nicht heimischer Tierarten wie verwilderten Katzen, Hunde und
Hasen eingesetzt.
Gunns
Ltd benutzt beispielsweise mit 1080 getränkte Rüben
als Köder, um die Population des einheimischen Fuchskusu
und des Bennetts Wallabies niedrig zu halten. Das Opossum
und die kleine Känguruart fressen die zur Aufforstung
verwendeten Setzlinge. Aber auch andere Tierarten wie das
Forester Känguru, die die Neuanpflanzungen nicht anrühren,
fallen den Giftködern zum Opfer. Die tasmanische Umweltministerin
Judy Jackson veröffentlichte vor kurzem Zahlen die
belegen, dass in diesem Jahr doppelt so viele einheimische
Tiere durch Natriumfluoracetat vergiftet wurden wie noch
im Jahr zuvor. |
Umweltschützer befürchten außerdem einen Zusammenhang
zwischen dem Einsatz von 1080 und der Devil Facial Tumour Disease
(DFTD) des Tasmanian Devil oder Beutelteufels. Eine im Frühjahr
durchgeführte Studie des Meeresökologen Dr. Marcus
Scammell belegt einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von
verschiedenen Pestiziden sowie dem Auftreten der Gesichtskrebsgeschwüre
des Beutelteufels.
|
Eliminierung
der Tierwelt

|
DFTD
führt in drei bis fünf Monaten nach dem Auftreten
der Geschwüre zum Tod. Ausgewachsene Männchen sind
besonders häufig betroffen.
Die Krankheit wurde erstmalig 1996 im Nordosten der Insel beobachtet,
in den östlichen und zentraltasmanischen Regionen sind
die Beutelteufelvorkommen inzwischen um 90 % zurückgegangen.
In den letzten acht Jahren wurde die Gesamtpopulation fast um
die Hälfte dezimiert; der jetzige Bestand wird auf nur
noch 70.000 bis 80.000 Tiere geschätzt.
|
Ausrottung
des Beutelteufels?
Tasmanian
Devil
(Sarcophilus harrisii) |

Der
überwiegend schwarze Beutelteufel, der einem gedrungenen
Hund ähnelt, ist seit dem Aussterben des Tasmanischen Tigers
in den 30er Jahren das einzige lebende Nationaltier der größten
australischen Insel. In
einer australienweiten Spendenaktion wurden bisher über
A$ 50.000 gesammelt. Auch der Medienkonzern Warner Brothers
wurde um Mithilfe gebeten. Die Produktionsfirma benutzte den
Tasmanian Devil als Modell für ihre Comicfigur "Taz",
die ihren ersten Auftritt 1954 als Gegenspieler von Bugs Bunny
hatte und so populär wurde, dass sie eine Dauerrolle in
dessen Cartoon bekam. Die Gespräche über eine längerfristige
Zusammenarbeit von Warner Brothers mit der tasmanischen Regierung
halten noch an.
Der nachtaktive aasfressende Beutelteufel ist unter anderem
dafür verantwortlich, dass sich auf dem Seeweg eingeschleppte
Füchse in Tasmanien bisher nicht ausbreiten konnten. Füchse
wurden Mitte des 19. Jahrhunderts als Jagdbeute nach Australien
eingeführt und bedrohen seitdem die einheimische Fauna.
Naturschützer und Farmer befürchten jetzt, dass sie
sich aufgrund der geschwächten Tasmanian Devil-Population
ungehindert ausbreiten und das größte fleischfressende
Beuteltier völlig verdrängen könnten. |
Stefanie
Hilscher, September 2004
|
Weitere Informationen
|
Linktipp:
Fragen
und Antworten zum Thema Tropenholz (regenwald.org)
 |
Spaziergang
durch die
tierdach-Beuteltierseiten |
|
|
|
Spaziergang
durch die
tierdach-Seiten |
|
Tiere |
|
|
tierdach.de
- die Tierlobby. Tierportraits,
Tierschutz, Tierrechte - News, Linktipps, Service.
Für die Tiere ohne Lobby.
|